Das österreichische Tunnel-Risikoanalysemodell
TuRisMo
Ein leistungsbasierter Ansatz
Seit Umsetzung der EU-Richtlinie 2004/54/EG ist die Tunnelsicherheit ein zentraler Aspekt in der Planung und im Betrieb von Straßentunneln. Österreich führte damit einen leistungsbasierten Ansatz in Bezug auf Straßentunnelsicherheit ein. In der Erstveröffentlichung beschreibt das österreichische Tunnel-Risikoanalysemodell (TuRisMo) eine der ersten Methoden zur Analyse und Bewertung von Straßentunnelsicherheit in quantitativer Form.
TuRisMo kombiniert verschiedene methodische Elemente für die Analyse eines gesamten Tunnelsystems und verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz. Das Modell ermöglicht die Berechnung eines Erwartungswertes für das kollektive Risiko der Tunnelnutzer im untersuchten Tunnel.
Die Methodik besteht aus folgenden zwei Kernelementen: einer quantitativen Häufigkeitsanalyse und einer quantitativen Schadensausmaßanalyse.
Häufigkeitsanalyse – Kollisionen und Brandfälle
Die Durchführung einer Ereignisbaumanalyse dient zur Identifizierung einer Reihe von typischen Schadensszenarien (Kollisionen und Brandfälle) und zur Berechnung deren Häufigkeit.
Schadensausmaßanalyse – Kollision
Die Methodik stellt Standardwerte zur Schadensausmaßanalyse einzelner Kollisionsszenarien zur Verfügung, die auf Basis statistischer Daten von Kollisionsereignissen in Tunneln ermittelt wurden.
Schadensausmaßanalyse – Brandfall
Die Methodik stellt Standardwerte für das Schadensausmaß in unterschiedlichen Brandszenarien zur Verfügung, die anhand detaillierter Rauchausbreitungs- und Evakuierungssimulationen berechnet wurden.
Kontinuierlich verbessert
Seit Veröffentlichung des Modells im Jahr 2008 konnten umfassende praktische Erfahrungen gesammelt werden. TuRisMo wurde kontinuierlich verbessert und ausgebaut, um den vielseitigen Anforderungen unterschiedlicher Tunnelsysteme gerecht zu werden. Daher ermöglicht das Modell heute eine noch viel detailliertere Untersuchung der Einflussfaktoren und ein viel umfangreicheres Anwendungsgebiet.
TuRisMo eignet sich hervorragend für die Durchführung sämtlicher Risikostudien zur
- Auswahl der besten Maßnahme oder Maßnahmenkombination hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bezüglich Risikominderung
- Identifizierung der kostenwirksamsten Lösung zur Erreichung des Mindestsicherheitsniveaus
- Ermittlung der Risikoauswirkungen spezieller Mängel in bestehenden Tunnelbauwerken (z. B. hinsichtlich des Lüftungssystems)
- Ermittlung der Risikominderung möglicher Kompensationsmaßnahmen und Identifizierung der kostenwirksamsten Kompensationsmaßnahmenkombination
Eine gemeinsame Anstrengung von österreichischen Behörden, Verbänden und privaten Unternehmen
Im April 2015 wurde das nachgerüstete Modell in einer Fortschreibung der österreichischen Richtlinie RVS 09.03.11 veröffentlicht. In Österreich werden Richtlinien für Straßentunnel von der österreichischen Forschungsgesellschaft Straße – Schiene – Verkehr (FSV) erarbeitet. Für die Fortschreibung wurden daher Arbeitsgruppen auf Gesellschaftsebene und unter Einbeziehung relevanter Interessensgruppen sowie Experten aus Forschung und Praxis gebildet.
Die Revision der RVS 09.03.11 erfolgte in Zusammenarbeit mit der österreichischen Tunnel-Verwaltungsbehörde – dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, der ASFiNAG – Österreichs größtem Autobahn-, Schnellstraßen- und Tunnelbetreiber, dem österreichischen Bundesfeuerwehrverband, Experten der Universität Graz und Fachleuten aus Privatunternehmen. ILF Consulting Engineers Austria GmbH wurde mit der Entwicklung des Kernstücks des Modells beauftragt.